Glück auf!

Hallo,

es gibt eigentlich nur gute Nachrichten:
Ich muss mich die ganze Zeit etwas zügeln, was meine Erwartungen angeht, aber es gab in der ganzen Zeit meiner Krankheitsgeschichte noch keine Phase, in der es so konstant und in letzter Zeit auch schnell bergauf ging wie in den letzten 2-3 Monaten. Kurz nach dem letzten Text bin ich vom E-Bike auf mein normales Rad umgestiegen und immer öfter an die Donau gefahren. Dabei bin ich auch nach und nach immer weitere Strecken gefahren und habe fast keine Post-Exertional Malaise (Erschöpfungszustände, Fatigue) mehr am Folgetag. Insgesamt hatte ich so etwas nur einmal in den letzten Wochen. An dem Tag war ich mit Kim das erste Mal mit den Katzen draußen. Das Wetter war an dem Tag aber nicht optimal, weil es total windig war. Das, zusammen mit den Katzen, hat mich, glaube ich, zu sehr gestresst, sodass ich am nächsten Tag wegen Kopfschmerzen den ganzen Tag zu Hause verbringen musste. Aber sonst gab es keinerlei Ausfälle. Letzte Woche konnte ich das erste Mal seit über einem Jahr mehr als 6 Stunden am Stück kommunizieren, ohne dass ich am nächsten Tag komplett fertig war. Gestern bin ich sogar knapp über 20 km Rad gefahren, hatte einen Arzttermin und am Abend noch Besuch von einem Freund. Heute habe ich schon wieder 15 km hinter mir und verfasse diesen Text gerade in der Hängematte an meinem Lieblingsplatz an der Donau.

meine Fahrraddaten der letzten 4 Wochen

Gründe für den Aufwärtstrend sind ein Medikament (LDN), das ich weiterhin hochdosiere, meine Ernährungsumstellung, die tägliche Meditation und strikte Schlafhygiene (kein Fernsehen, Poker oder Handydaddeln ab 20 Uhr, und zwischen 22 und 22:30 Uhr ins Bett).
Es ist so schön, in der Lage zu sein, den Sommer so richtig zu genießen und nicht auf der Couch in der Wohnung gefesselt zu sein. Poker spiele ich nun auch seit fast zwei Wochen gar nicht mehr und habe mir auch bis mindestens Ende August Urlaub verordnet. Es ist wirklich schwer zu erklären, wie es sich anfühlt, auf einmal immer mehr machen zu können, ohne die Angst vor einem Einbruch zu haben. Ich fühle mich gerade nicht nur viel kräftiger, sondern bin sowas von vollgepumpt mit guter Laune und Optimismus, dass es mir schon surreal vorkommt.
Gestern hatte ich einen Termin bei Dr. Stingl, meinem Neurologen und Experten für ME/CFS, der meinte, dass meine Entwicklung sehr positiv sei und dass das Ausbleiben der Post-Exertional Malaise die wichtigste Voraussetzung sei, damit sich der Körper langsam von selbst heilen könne. Wenn das so bleibt, werden dann nach und nach all die Themen bearbeitet, die durch meine Konditionierung der letzten Jahre aufgekommen sind. Zum Beispiel fällt mir das Sitzen extrem schwer, weil ich 95 % der Zeit im Liegen verbracht habe. Dafür muss und kann ich dann auch hoffentlich bald mal Physiotherapie machen. Meine Reizempfindlichkeit ist auch immer noch relativ stark. Laut Dr. Stingl kann es jedoch gut sein, dass auch diese, nachdem es körperlich weiter bergauf geht, immer weiter abnimmt. Ziel ist es jetzt, sich immer weiter langsam heranzutasten an das, was geht, und das ist einfach extrem schön. Man sieht die Welt doch mit anderen Augen, wenn man so eine Scheißzeit hinter sich hat, mit all den Entbehrungen, der Einsamkeit, der Langeweile, den Kopfschmerzen und den Sorgen, dass man nie wieder gesund werden kann.Eine weitere Sache, die mir in der letzten Zeit klar geworden ist: Es ist sicherlich kein Zufall, dass gerade ich an ME/CFS erkrankt bin. Mir sind immer mehr Dinge aufgefallen, die eine gewisse Prädisposition für diese Krankheit sein könnten. Das zentrale Nervensystem, dessen wichtigster Nerv der Vagusnerv ist und das sich im Zustand des Sympathikus (angespannt und wachsam) und Parasympathikus (entspannt) befinden kann, spielt bei der Krankheit eine wichtige Rolle. Die voraussichtlich wichtigste Voraussetzung, dass sich der Körper selbst heilen kann, ist ein ausgeglichenes Zusammenspiel dieser beiden Zustände. Bei ME/CFS kommt es jedoch zu einer andauernden Überbelastung des Sympathikus. Der Körper befindet sich quasi rund um die Uhr im Fight-or-Flight-Modus. All das verbraucht enorm viel Energie, kostet Kraft und raubt dem Körper so viele Ressourcen, dass er nicht in der Lage ist, sich selbst zu heilen.

                                         
Die Jung-Schwäne sind schon richtig groß geworden.

Rückblickend ist mir aufgefallen, dass ich schon immer eher in Richtung Sympathikus gelagert war. Ich war immer sehr sensibel, was das anbelangt. Meine ADHS-Geschichte, die ich rückblickend schon als kleines Kind hatte, ohne es zu wissen. Letztens ist mir auch aufgefallen, dass ich schon immer wahnsinnig schreckhaft war. Bei minimalsten Unvorhersehbarkeiten bin ich komplett zusammengezuckt. Das war auch nicht weiter schlimm, sondern immer irgendwie lustig und markant. Tinnitus hatte ich schon seit 10 Jahren. Zähneknirschen hatte ich auch schon seit Ewigkeiten. Es kommen mir immer mehr solche Kleinigkeiten in den Sinn, die darauf hindeuten, dass ich in dem Bereich schon immer eine Tendenz hatte. Die Infektion mit Covid war dann eine komplette Überforderung für mein zentrales Nervensystem auf so vielen Ebenen, dass es zu diesem chronischen Zustand geführt hat. Durch den Kurs, den ich in letzter Zeit mache, ist mir klar geworden, dass man da schon wieder herauskommen kann, es aber einer Änderung des Lifestyles auf allen Ebenen bedarf, um dem Körper so wenig Stress wie möglich auszusetzen. Außerdem kann so etwas, was ich habe, nicht nur durch Covid, sondern auch durch Burnout oder ein traumatisches Erlebnis ausgelöst werden. Manche Leute haben dafür eine Prädisposition, die einen Ausbruch wahrscheinlicher macht als bei anderen. Ich gehöre mit Sicherheit dazu, und das ist irgendwie auch sehr interessant, zumindest als These und Erklärung zu haben, warum das alles so gekommen ist. Außerdem ist es sehr wichtig, das zu wissen, um in Zukunft noch besser reagieren zu können, falls etwas in die falsche Richtung gehen könnte.

 Hoffen wir dass der Trend so anhält,

Bis bald

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