Ketamin als Hoffnungsschimmer

Hallo,

Seit meinem letzten Update hat sich – zumindest gesundheitlich – leider nicht besonders viel getan. Es war eher eine Phase der Stagnation. Der Winter war einfach verdammt hart. Kälte, schlechtes Wetter – da war’s fast unmöglich, viel draußen zu sein. Und wenn ich weniger draußen bin, steigt automatisch das Frustrationspotenzial. Dadurch verschlechtert sich mein Gesamtzustand, ich kann weniger Leute sehen und dann schaffe ich’s halt auch nicht, so konsequent bei meiner Ernährung und anderen Dingen zu bleiben, wie z.B. den digitalen Medienkonsum usw. Alles Dinge, die eigentlich wichtig wären, um mein Stresslevel niedrig zu halten – was wiederum einen direkten Einfluss auf meinen Gesundheitszustand hat. Das ist wie so ein kleiner Teufelskreis.

Jetzt, wo das Wetter besser wird, kriege ich aber wieder mehr Struktur rein. Seit zwei, drei Wochen läuft’s wieder deutlich besser. Ernährung passt wieder, und ich habe auch wieder mit LDN (Low Dose Naltrexon) angefangen – das hatte mir ja letzten Sommer echt gut geholfen, aber im Winter hatte ich’s abgesetzt.

Neu ist, dass ich auf Empfehlung eines Freundes meines Bruders mit einer neuen Therapie begonnen habe: Myoreflexmassage. Ich hatte bisher eine Einheit – kann also noch nicht allzu viel sagen, aber der erste Eindruck ist ganz okay. Es ist zumindest schön, mal wieder was Neues zu haben, das ein bisschen Hoffnung gibt.

Myoreflextherapie ist ein alternativmedizinisches Verfahren, bei dem über Druckpunkte an Muskeln und Sehnen versucht wird, muskuläre Dysbalancen auszugleichen. Die Behandlung setzt an den muskulären Ursprüngen und Ansätzen an – mit dem Ziel, reflektorisch auf das zentrale Nervensystem einzuwirken. Gerade bei Long-Covid-Patient:innen scheint das hilfreich zu sein, weil es auf die oft gestörte Muskelspannung und vegetative Dysregulation einwirkt.

Und dann kam letzte Woche vielleicht die positivste Nachricht seit Beginn meiner Erkrankung: Ein Bekannter, der schon länger und deutlich stärker an Long Covid leidet als ich, hat sich bei mir gemeldet – und meinte, er sei mittlerweile fast symptomfrei. Und das krasseste: Er hat wieder mit dem Joggen angefangen.

Joggen! Das ist für Long-Covid-Betroffene eigentlich der Endgegner. Fahrradfahren ging bei mir ja letzten Sommer schon einigermaßen, aber Laufen würde mich komplett ausknocken. Und er joggt jetzt wieder. Der Grund für seinen besseren Zustand ist eine Ketamin-Therapie.

Ich hatte davon schon gehört – es laufen Studien dazu, dass Ketamin bei Long Covid helfen könnte, ähnlich wie es bei Depressionen eingesetzt wird. In Österreich ist Ketamin ja schon als Therapie gegen Depressionen zugelassen, aber ich dachte immer, nicht bei Long Covid.

Heute hatte ich mein erstes Anamnesegespräch bei genau der Psychiaterin in Wien, bei der mein Bekannter in Behandlung war. Und: Morgen früh geht’s tatsächlich schon los mit meiner ersten Ketamin-Sitzung. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich aufgeregt – einerseits wegen des Unbekannten, andererseits auch wegen der Hoffnung, die da plötzlich wieder greifbar wird.

Ketamin ist ursprünglich ein Narkosemittel, das seit einigen Jahren in niedriger Dosierung bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt wird. Es wirkt schnell – oft innerhalb von Stunden – und beeinflusst das Glutamatsystem im Gehirn. Bei Long Covid vermutet man ähnliche neuronale Entzündungsprozesse und Dysbalancen, wie sie auch bei Depressionen vorkommen. Erste Studien zeigen, dass Ketamin auch bei postviralen Zuständen hilfreich sein könnte – weil es neuroinflammatorische Prozesse moduliert und möglicherweise das vegetative Nervensystem stabilisiert.



https://thevtstory.com/10-fragen-zur-ketamintherapie

Ich versuche mich in vorsichtigen Optimismus, aber das "vorsichtige" daran bekomme ich noch nicht so wirklich hin. Nach dem Erfahrungsbericht meines Leidensgenossen fällt es mir schwer meine Erwartungen niedrig zu halten. Selbst ohne die Ketamingeschichte, bin ich schon ziemlich optimistisch in den Sommer gestartet und habe mich noch nie so sehr auf den solchen so gefreut wir dieses Jahr. Mit der Ketamintherapie hab ich nochmal einen neuen Anker, einen neuen Impuls, der mir Hoffnung gibt. Und das fühlt sich verdammt gut an.

Ich werde berichten wie es damit so läuft.

Danke für euer Interesse,

Severin

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